Freitag, 6. Dezember 2013

Ins Blaue hinein

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Ich fuhr in den Jemen, als das noch möglich war

Ich fuhr in den Jemen, als das noch möglich war. Als noch nicht Nachrichten von Schießereien mitten in Sana'a, in Totschlag ausgeuferte Entführungen und in die Luft gesprengte Ministerien die Runde machten.

Ich fuhr in den Jemen ohne das Land oder seine Bewohner wirklich zu kennen und mit nur minimalem Einblick in die Sprache und Kultur. Ich fuhr alleine in den Jemen, mit Koffer, Handtasche und einem Zettel mit der Adresse meiner Unterkunft und meines Arbeitgebers in der Hand.

Am Flughafen von Sana'a erwarteten mich Hitze und Staub, Gelb und Braun. Von Bergen umringt lag dort die Stadt vor mir, über 2000 Meter auf einem Plateau in der Mitte des Landes gelegen. Sieben Stunden Flug hatten mich von Mitteldeutschland in den Nahen Osten geführt, in die glitzernden Metropolen der Golfstaaten, die es geschafft hatten. Noch eine Stunde Flug später kam ich im Jemen an. 

Als ich die Altstadt sah, wurde mir klar, dass ich vor Jahren ein Bild von Sana'a gesehen hatte, braune Lehmbauten, weiß bemalt, vor graubrauner Gebirgskette, und damals gedacht hatte, "wow, so stellt man sich bei uns 'den Orient' vor". Es gab diese Stadt, es gab dieses Land - das Bild war real, auch wenn es damals, in Deutschland, auf mich klischeehafter gewirkt hatte, als so manche verzerrte Darstellung allens was östlich von Wien liegt.

Aus der Flughafenhalle ins grelle Sonnenlicht, den weißen Staub getreten, verfolgte ich die Ich-bin-Tourist-aber-das-müsst-ihr-ja.nicht-unbedingt-wissen-Taktik. Ahnungsvolles Gesicht aufgesetzt, leicht arrogante Miene gemacht, Kinn hoch, und zielstrebig geradeaus. Wohin ich da lief - keine Ahnung. Ohne nennenswerte Arabischkenntnisse ein Taxi angeheuert. Den Namen meiner Unterkunft konnte ich sagen, das Stadtviertel, und eine Straße, die in der Nähe lag. 

Bis zum Stadtviertel kamen wir. Wie erklärt man einem Taxifahrer, der kein Englisch oder Französisch (Deutsch sowieso nicht) kann, wenn man selbst des Arabischen nicht wirklich mächtig ist, wohin es gehen soll? Eine Telefonnummer hatte ich dabei, aber weder er noch ich ein Mobiltelefon. Zum Glück ist man freundlich im Jemen, hilfsbereit und gastfreundlich, zum Glück war der Mann bereit trotz vorher ausgehandelten Fahrpreises Straße nach Straße zu durchfahren und immer mal wieder nach dem Weg zu fragen.

Gefunden haben wir das Haus schließlich tatsächlich, aber eigentlich bin ich damals in Blaue gefahren, bei meiner ersten Reise in den Jemen.

2 Kommentare:

trippmadam hat gesagt…

Schöner Text, danke. Der Jemen ist für mich bisher ein Traum geblieben, aber wer weiß? Erst einmal Zeit finden, Arabisch zu lernen, dann sehe ich weiter.

Lieselotte hat gesagt…

Gerne :) Freut mich, dass er dir gefallen hat!

Zurzeit scheint die Situation vor Ort ja wirklich nicht besonders zu sein. Aber wer weiß, vielleicht sieht es in ein paar Jahren wieder besser aus.