Donnerstag, 25. Juli 2013

Der sechste Tag von Ramadan

- 17. Ramadan -

19-stündige Fastentage, Sommerhitze, kurze Nächte

Den sechsten Tag von Ramadan gehe ich langsam an. Ich arbeite von zu Hause und kann mir einteilen, wann ich am Computer sitze. Oder die Texte, die ich bearbeite, gleich ausgedruckt mit in den Park nehmen. Den sechsten Tag von Ramadan gehe ich langsam an und schlafe aus. Was ein Luxus!, wenn ich daran denke, dass ein Großteil meiner muslimischen Freunde und Bekannten hier in Europa und den USA trotz bis zu 19-stündiger Fastentage, Sommerhitze und kurzer Nächte jeden Morgen wie gewöhnlich aufsteht und den ganzen Tag auf der Arbeit verbringt. Den sechsten Tag des Ramadan gehe ich langsam an und verbringe das erste Drittel des Tages zu Hause.

Cousin zu Besuch

Am frühen Nachmittag machen wir uns auf den Weg zu einem Restaurant in einem Vorort von [der Stadt, in der ich in Deutschland lebe]. Mein Cousin, der in den letzten Jahren in Japan, Schweden und [der Stadt in Deutschland, in der er studiert] unterwegs war, ist zu Besuch und will uns sehen. Als ich meinem Onkel am Abend davor am Telefon vorsichtig erkläre, dass wir sehr gerne kommen, ich aber (Ramadan!) nichts essen (nee, trinken auch nicht) werde, lacht er nur laut auf und meint: "Also, so lange ich was bekomme, ist es mir herzlich egal, ob du isst oder nicht." 

Familientreffen im Biergarten

Das Resto in dem wir uns treffen, ist eine traditionelle deutsche Gaststätte. Hirschbraten gibt es, Schnitzel und Lachs mit Soße. Wir sitzen im Biergarten unter alten Kastanien, der Schatten tut gut, und ich bin noch nicht mal die einzige, die nichts isst, da Brigitte, eine Freundin der Familie auch dabei ist, und nichts bestellt, weil sie vorher schon gegessen hat. Fast fällt mir das Fasten heute leichter, weil ich inmitten von politischen Diskussionen, Familiengeschichten und Fotos herzeigen gar nicht daran denke, dass ich nicht esse. Drei Stunden verbringen wir im Schatten der Kastanien, bis um acht, als ich schnell los muss, um zur nächsten Verabredung zu kommen.

Jordanisch-tunesisch-iranisch-deutsches christlich-muslimisches Fastenbrechen

Am Abend bin ich zum Fastenbrechen verabredet, mit Malika und Rouba. Nur Rouba hat auch gefastet, sie ist halb Jordanierin, halb Tunesierin, und deutsche Muslimin. Malika ist Christin aus dem Iran. Eigentlich sollte auch Ada noch kommen, die jüdisch ist, dann wäre unsere interreligiöse Iftar-Gruppe perfekt gewesen. In einem türkischen Restaurant haben wir uns verabredet, als ich komme, sind die anderen beiden noch nicht da. Auf einigen der Tischen stehen auf kleinen weißen Porzellantellern Datteln zum Fastenbrechen bereit und neben Gästen, die fröhlich Adana-Spieß und vegetarische Dürüm verputzen, sitzen auch einige Gäste noch wartend vor ihren Tellern. 

Rote Linsensuppe, gegrilltes Fladenbrot, gefüllte Weinblätter

Bis zum Fastenbrechen ist es nicht mehr lange und als einer der extrem höflichen türkischen Kellner an meinen Tisch kommt, bestelle ich doch schon einmal. Getränke und türkische Linsensuppe. "Zum Fastenbrechen?" - "Ja, bitte". Darüber, dass er mich zunächst auf Türkisch angesprochen hatte, lache ich später mit den Mädels. Kaum etwas später sind die beiden nämlich schon da, Malika hat für das Lieschen halal Gummibärchen mitgebracht, von Haribo, ist sie beim Türken um die Ecke drauf gestoßen. Und dann ist es auch schon Zeit zum Fastenbrechen (ja? bei dir auch? sicher?) und es gibt rote Linsensuppe, gegrilltes Fladenbrot, Adana-Spieß, Pommes Frites und gefüllte Weinblätter in Yoghurt.

Laue Sommer-Ramadan-Nacht

Am Tisch nebenan hauen drei türkische Teenies ordentlich rein, und auf der anderen Seite sitzt eine amerikanische Touri-Familie. Ich muss lächeln, als ich daran denke, dass es für sie eine ganz normale Sommernacht ist, und nicht wie für uns eine, die siebte, Nacht von Ramadan. Nach dem Essen bringe ich noch die Mädels zur Bahn, sie müssen wieder früh raus morgen, und laufe durch die laue Nacht zurück. Bald schon bin ich zu Hause, wo das Lieschen schon schläft.
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