Montag, 21. Mai 2012

Surfer, Seeroben, Sonnenuntergang

Oder: Ein Abend in Newport Beach

Das Auto parkten wir nicht weit vom Strand in einer Gegend, in der sich ein kleines Haus an das nächste reihte. Ebenerdig oder höchstens einstöckig hatten die Häuser einen winzige Vorgärten, in denen einer Regel gleich in jedem eine Bank oder Sitzgruppe mit einem Tisch, manchmal einem Sonnenschirm stand. Wenn man dort saß, saß man eigentlich auf der Straße. Die meisten der Häuser wurden an zahlende Gäste vermietet. Das Meer roch man erst, Salz und Sand, und dann lag es da auf einmal vor einem. Die kleinen Häuschen waren wirklich bis direkt an den Strand gebaut. Ein asphaltierter Weg, und dann war da schon der Sand, mehrere dutzende Meter Sand, und dann das Meer.

Surfer und ein verzweifelter Glaubender

Wir liefen Richtung Pier. Vier in Neoprenanzüge gepackte Surfer liefen laut lachend an uns vorbei, und kurz vor dem Pier stand ein Mann, der den vorbeigehenden Passanten inbrüstig verkündete, dass Gott seinen Sohn Jesus gesandt hätte und man kehrt machen und die Sünde ablegen solle, weil es sonst zu spät war. Unwillkürlich mussten wir lachen, aber mir tat der Mann auch Leid, ob der Sinnlosigkeit seiner Mühe - wer kümmerte sich von den Menschen hier schon um so einen und sein Anliegen?

Nicht sein Geschrei, dass die Menschen zu Gläubigen machen

Die Verzweiflung, die er zur Schau trug, konnte ich ja sogar verstehen: Wenn man wirklich glaubt, felsenfest davon überzeugt ist, dass alle Taten, Worte und Gedanken jedes Menschen vor Gott zählen und man sieht, wie viele sich nicht darum kümmern, was später kommt; vielleicht noch nicht einmal daran glauben, dass da überhaupt noch etwas kommt; kann man schon so inbrünstig wie dieser Mensch daran glauben, die Menschheit retten zu müssen. Was er vergaß, ist, dass er die Wahrheit nicht kennt; dass er nicht weiß, was Gott von wem annehmen wird; dass es nicht sein Geschrei ist, dass die Menschen zu Gläubigen machen wird; dass er doch gar keinen Schimmer hat, ob welche von denen, die er da anschreit, Gott nicht viel näher sind als er; dass anstatt vielen (dazu noch herausgeschrieenen) Worten manchmal beispielhafte Taten viel effektiver sind.

Seerobben und Angler auf dem Pier

Wir liefen an dem Mann vorbei zum Pier; Alimustafa packte seine Angeln aus, fing an, Würmer auf Haken zu spießen und dem Lieschen zu zeigen, wie man fischt. Viele Leute waren zum Angeln hierher gekommen, viele Latinos, Männer, aber auch Familien. Wir sahen vom Pier aufs Meer und plötzlich - was war das? - schoß da etwas grauglänzendes aus dem Wasser - ein Delphin?! Seerobben waren es, die so nah an den Pier gekommen waren, dass man ihre graue Haut im Sonnenlicht blitzen sah.

Unerwartet südasiatisch

Eine südasiatische Familie kam an uns vorbei und war ganz angetan vom Lieschen - und mindestens im gleichen Maße geschockt, als Alimustafas Bruder - mit gefärbten Haaren, einem trendigen T-Shirt und den ein kleines bisschen zu tief sitzenden Jeans - ihnen auf ihrer Landessprache antwortete. Er lachte: "Südasiaten erwarten nie, dass ich ihre Sprache spreche, die können sich nicht vorstellen, dass einer von ihnen so aussieht..."

Weißer Vollmond und Sonnenuntergang

Links von uns stand groß, rund und weiß der Mond, Vollmond war es; und rechts ging, fast genau so groß, in einem strahlenden Rotorange, die Sonne über einem aus dem Wasser ragenden Hügel unter. Alimustafas Bruder riet uns davon ab, am Strand zu beten, das sei nicht sicher, seit 9/11 hätte er hier einige weniger schöne Erfahrungen gemacht. Seitdem betete er, wenn er hierher kam, in einer Seitenstraße, fernab von den Menschen, wo keiner ihn sah.

Gebackener Jalapeno-Käse - ja, bitte!

Auf dem Rückweg deckten wir uns mit Kaffee, Croissants, Pommes und in Fett gebackenem Käse (herrlich! der mit Jalapenos ist angenehm scharf) ein und sahen dann Lieschen und Daddy noch eine Weile beim Fischen zu. Bis es kalt wurde, wir uns zum Auto aufmachten und wieder nach Hause brausten.

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