Freitag, 26. November 2010

Kristina und die Machos

Morgens war es laut Kristina Schroeder noch die Religion, die deutschtuerkische Jugendliche zum Machogehabe und Gewaltausbruechen anleitet (klar, im Koran steht ja auch: "Verweigere Integration, sei so richtig Macho und, ach ja, schlage deine deutschen Mitschueler windelweich"), abends dann ploetzlich nicht mehr. Was war da los, Frau Schroeder? Keine Zeit, die Studien, die sie zitieren, auch tatsaechlich zu lesen?

Wie waere es, anstatt jetzt wieder eine ewig lange und zu wenig bringende Diskussion a la Sarrazin-hat-Recht-ja-nein-ein-bisschen zu beginnen, sich endlich mal den tatsaechlichen Problemen zuzuwenden. Falls es da draussen Jugendliche gibt, die sich nicht so verhalten, wie wir es fuer zivilisiert und angemessen halten, dann muss dagegen was getan werden, richtig? Gut, dann lasst uns anfangen. Hohle Thesen und dummes Geschwaetz hatten wir, denke ich, jetzt langsam genug.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Guten Abend.

Ich wohne in Hamburg-Bergedorf, ein großer Stadtteil der Hansestadt, im Osten gelegen.

Wenn ich am Freitag oder Samstag Abend vom Spätdienst nach Hause komme, dann läuft dort die Bundespolizei mit Schäferhunden Streife. Das liegt aber nicht an den Landeiern, die aus Schwarzenbek oder Büchen dort einfallen, um die S-Bahn gen Kiez zu nehmen, das liegt an "südländischen", sprich arabischen und türkischen jungen Männern.

Dort wird alles angemacht, abgezogen, aufgemischt, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist und deutsch aussieht. Und ja, es wird von Seiten dieser Jugendlichen oftmals religiös konnotiert. Die Klassiker, die so in diesem Zusammenhang immer wieder Erwähnung finden.

Jetzt sagen Sie natürlich: Das hat nichts mit dem Islam zu tun. Das ist ein Unterschichten-Problem. Meinetwegen.

Aber meinen Sie denn, dass es das "Landei", welches einen netten Abend in der Innenstadt verbringen will, interessiert, wenn sich die Faust in der Tasche ballt, weil eine ganze Bande gerade seine blonde Freundin als "Nutte" bezeichnet, um eine Reaktion zu provozieren? Und ihm nur übrig bleibt, den Blick starr auf den Fußboden zu richten, denn wir wissen ja was passiert, wenn er eben jene gewollte Reaktion zeigt?

Meinen Sie, dass dem der Sinn nach Differenzierung steht?

Diese Jugendlichen würden sich übrigens selber sofort als Muslime bezeichnen. Sie und mehr als nur ein muslimischer Verband würden das vehement bestreiten. Ist ja auch praktisch und sogar verständlich, wer will mit solchen Leuten schon in einen Topf geworfen werden.

Nur das Problem dabei: Man kann sich eben seine Familie (in diesem Fall seine Glaubensbrüder) nicht aussuchen.

Das hat etwas von "Aus der Verantwortung stehlen". Das machen Sie auch gerade: Zitat: "klar, im Koran steht ja auch: "Verweigere Integration, sei so richtig Macho und, ach ja, schlage deine deutschen Mitschueler windelweich."

Wie würden Sie denn reagieren, wenn ich Ihnen sagen würde, dass der Neonazimob, der in der Provinz Ausländer zusammengeschlagen hat, nicht das Problem unserer Gesellschaft wäre, weil in unserer (mal eben schnell selbst definierten) Leitkultur nichts von Angriffen auf Ausländer steht, folglich wären das keine richtigen Deutschen, ergo nicht unser Problem?

Würden Sie eher nicht so prickelnd finden. Zurecht.

Ist aber genau das Gleiche. Diese - sich selbst unbedingt als Muslime bezeichnenden Jugendlichen - sind einfach nur ein Problemn des deutschen Staates, seht zu, wie ihr damit klar kommt, wir möchten damit nichts zu tun haben. Zumindest wohl nach ihrer Definition.

Meinen Sie, dass das irgendein Problem löst? Und um auf das Anfangsbeispiel zurückzukommen: Meinen Sie, dass das ihrer Religionsgemeinschaft hilft, in Deutschland als gleichwertig wahrgenommen zu werden?

MfG

Anonym hat gesagt…

Teil 2


Nur das Problem dabei: Man kann sich eben seine Familie (in diesem Fall seine Glaubensbrüder) nicht aussuchen.

Das hat etwas von "Aus der Verantwortung stehlen". Das machen Sie auch gerade: Zitat: "klar, im Koran steht ja auch: "Verweigere Integration, sei so richtig Macho und, ach ja, schlage deine deutschen Mitschueler windelweich."

Wie würden Sie denn reagieren, wenn ich Ihnen sagen würde, dass der Neonazimob, der in der Provinz Ausländer zusammengeschlagen hat, nicht das Problem unserer Gesellschaft wäre, weil in unserer (mal eben schnell selbst definierten) Leitkultur nichts von Angriffen auf Ausländer steht, folglich wären das keine richtigen Deutschen, ergo nicht unser Problem?

Würden Sie eher nicht so prickelnd finden. Zurecht.

Ist aber genau das Gleiche. Diese - sich selbst unbedingt als Muslime bezeichnenden Jugendlichen - sind einfach nur ein Problemn des deutschen Staates, seht zu, wie ihr damit klar kommt, wir möchten damit nichts zu tun haben. Zumindest wohl nach ihrer Definition.

Meinen Sie, dass das irgendein Problem löst? Und um auf das Anfangsbeispiel zurückzukommen: Meinen Sie, dass das ihrer Religionsgemeinschaft hilft, in Deutschland als gleichwertig wahrgenommen zu werden?

MfG

Ethem Abdussamed hat gesagt…

Hätte man bei weitem nicht besser sagen können.

Annanymous hat gesagt…

Wow! Da muss auch ich sagen: Das ist eine sehr treffend formulierte Feststellung!

Man kann doch nicht das Problem herunterspielen, indem man den Leuten (den jungen, sich als Muslime bezeichnenden, aber völlige aus der Bahn geratenen vorwiegend männlichen Leuten) abspricht zur Gruppe der Muslime zu gehören. In irgendeinem Sinne tun sie das nämlich. Ob per Selbstdefinition oder von Nicht-Muslimen so wahrgenommen.

Sonst würden wir ja auch den o.g. Neonazis (die einer sozialpsychologischen Theorien nach auch als s.g. "Individualisierungs-Verlierer" bezeichnet werden können) eine Zugehörigkeit zur Gruppe der Deutschen absprechen (Religion ist hier ja außen vor, da diese Querolanten i.d.R. nicht der Kirche angehören). Das können wir aber nicht. Und wir sollten uns besonders auf Grund der Vergangenheit dieses Landes und der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung (mit sich auflösenden familiären Verbindungen, Traditionen und fehlenden vorgegebenen, haltgebenden Lebensentwürfen) für diese, ebenfalls vorwiegend männlichen, jungen Leute ein Stück weit verantwortlich fühlen. Schließlich ist ihre Existenz eine Art Resultat unserer gesellschaftlichen Entwicklung.

Wieso dann nicht auch als Muslim sich darum kümmern, dass die s.g. Glaubensbrüder auf die rechte Bahn kommen? Wieso nicht eingestehen, dass gewisse Formulierungen im Koran für weniger gebildete Menschen eine Art "Falle" darstellen können, da sie missverstanden + uminterpretiert werden können und somit als Rechtfertigung für Verhaltensweisen dienen, die anderen Menschen sehr schaden?

Klar, man kann immer sagen, derjenige oder diejenige gehört nicht zu meiner Gruppe, ich habe nichts mit solchen Menschen gemeinsam und möchte mich davon distanzieren. Aber genau dieses Verhalten konnte man und kann man in Bezug auf die Nazi-Verbrechen im Deutschen Reich auch beobachten.

Lieselotte hat gesagt…

So. Erst mal eine Antwort an Herrn oder Frau "Anonym" (hatte gar nicht mehr auf meiner Liste, dass da noch eine Antwort fehlt):

Ich stehle mich nicht aus der Verantwortung, wenn ich sage, dass man, was die Gruende, weshalb Jugendliche gewalttaetig werden, differenzieren muss. Ich stehle mich nicht aus der Verantwortung, dass ist vielmehr die einzige effektive Moeglichkeit, etwas dagegen zu tun. Wenn du nicht weisst, WARUM XY auf YZ einschlaegt, wird es schwer sein, etwas daran zu aendern (zumindest wenn es dir darum geht, eine nachhaltige, langfristige Loesung zu finden - das setze ich jetzt mal einfach voraus).

Ich habe nicht gesagt, dass "das nichts mit dem Islam zu tun hat", sondern dass, es komisch ist, wenn eine Ministerin einen solchen Eiertanz auffuehrt. Vor allem, wenn es um solch ein sensibles Thema geht. Im zweiten Absatz meines Artikels schlage ich vor, endlos lange, zu nicht viel bringende Diskussionen zu lassen, und stattdessen was zu tun. Wie waers?

Davon abgesehen ist mir schon klar, dass es einem, wenn man direkt angegriffen wird, schwer fallen kann, noch zu differenzieren. Das geht nicht nur dem "deutschen Landei" so, sondern wahrscheinlich jedem von uns, der sich in einer solchen Situation befindet. Aber das heisst doch nicht, dass alle anderen, die nicht direkt betroffen sind, die einen ausreichend klaren Kopf haben (koennten), um zu sagen: "klar, die beiden da haben sich schuldig gemacht, aber ob das heisst, dass alle Tuerken / Araber / Muslime auch mit drin haengen - das muessen wir uns erst mal noch genau angucken", dass die dann auch diese Opferperspektive (die ja zwangslaeufig extrem ist, welches Opfer schafft es schon, seine Aggressoren differenziert zu betrachten? die wenigsten, wuerde ich sagen) uebernehmen muessen.

Eine Frage, die ich mir stelle, und ein Problem das ich sehe, ist aber, weshalb viele Leute (nicht nur du) meinen, dass wenn Neonazis rumspinnen, die Gesellschaft sich fragen muss, was da falsch laeuft und wenn es junge Deutschtuerken sind, die Muslime. Wenn junge deutsche Tuerken hier aggressiv werden, dann ist das doch nicht nur ein deutschtuerkisches Problem oder ein muslimisches PRoblem, sondern auch ein gesamtgesellschaftliches. Bei den NEonaizs wuerdest du ja auch nicht auf die Idee kommen, die Kirchen zu beschuldigen oder die REgion OStdeutschland. Oder?

(Sorry, das war jetzt lang.)

Gruss
Lieselotte

Lieselotte hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Lieselotte hat gesagt…

So, und jetzt ganz schnell noch an Annanymous:

Ich spiele keine Problem herunter. Und habe auch nicht gesagt, dass man sich nicht darum kuemmern soll, dass diese Jugendlichen "auf die rechte Bahn" kommen. Ich habe auch nicht gesagt, dass gewalttaetige Jugendliche mit nem muslimischen Hintergrund "nicht zu meiner Gruppe" gehoeren. Um all diese Fragen ging es ueberhaupt nicht in meinem Text.

Ein wichtiger Punkt, den du ansprichst, ist die Frage, wie der Qur'an gelesen wird. Da koennte man sehr lange diskutieren, das ist ein wichtiges Thema, ein sehr wichtiges.