Sonntag, 2. Mai 2010

Der letzte Abend

An meinem letzten Abend in London war ich bei Amirdamoon und Jeanettesophie zu Besuch. Er kommt aus dem Iran, hat dort auch studiert und arbeitet nun seit drei Jahren bei einer amerikanischen Firma in London. Sie ist Journalistin, wir kennen uns vom Studium in Paris und im Nahen Osten waren wir auch zusammen unterwegs. Sie ist Französin, hat schon in der Schule Arabisch gelernt und spricht es in der Zwischenzeit fließend. In London hat sie in der Arabischen Redaktion eines Fernsehsenders gearbeitet, jetzt will sie aber wieder zurück nach Paris, London ist nicht ihre Stadt. Amirdamoon wohnt in einer kleinen Wohnung, die einem Verwandten gehört. Das Viertel ist nett: fünf Minuten sind es zur nächsten tube-Station, ein- bis zweistöckige Häuschen säumen die kleine Hauptstraße, an der persische Cafés liegen, eine kleine Pizzeria, arabische Obst- und Gemüsehändler, eine kleine Autowerkstatt, brasilianische Kramerläden und John's Butcher Shop.

Nach dem Essen, Amirdamoon hatte gekocht (und bis auf den hellbeigen Teppich, der mir in Kombination mit dem Lieschen, dass darüber in Tomatensauce geschmorte Auberginen aß, nicht ganz geheuer war, war das ganz wunderbar), saßen wir auf dem weißen Ledersofa und dann rief Amirdamoons Neffe an. Der war 18, auch aus dem Iran, seit kurzer Zeit zum ersten Mal in London, und berichtete jetzt am Telefon aufgeregt von seinem ersten Kuss. Und Amirdamoon lachte und erzählte, dass eben dieser Neffe sich vor einer Weile für die Bibelstunde angemeldet hatte, weil es hieß, dort gingen die hübschen Mädchen hin. Und als der Kurs nach einigen Wochen vorbei war, meinte der Neffe, er habe das noch nicht alles ganz richtig verstanden und würde deshalb gerne noch einmal an dem Kurs teilnehmen, noch einmal fünf Wochen mit den Mädchen. Auf Persisch heißt Jesus "Issa", von "Dschiiiiii-sös" hatte der Neffe noch nichts gehört und fragte dann allen Ernstes am Ende des Kurses, was das denn bitte sei.

Irgendwann haben die beiden noch Karamellpudding gemacht, Amirdamoon hat seinen Hafis-Band herausgeholt und für Jeanettesophie einen Vers herausgesucht und ihn ihr ins Englische übersetzt, weil Persisch spricht sie nicht, und dann sind wir auch bald ins Bett gegangen, es war nämlich schon spät.

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