Sonntag, 14. März 2010

Letztens ... in der Moschee

Ich war seit einer Weile nicht mehr in der Moschee. Ich war seit einer Weile nicht mehr in der Moschee, weil ich in der letzten Zeit viel zu tun hatte mit unserem Umzug, weil es mit dem Lieschen umstaendlicher ist als ohne, weil ich mit unserem Kinderwagen nicht in die U-Bahn komme - und zum Laufen ist es zu weit. Weil ich genauso gut zu Hause beten kann.

Eigentlich war ich seit einer Weile nicht mehr in der Moschee, weil sich dort in den letzten Monaten einige unschoene Erlebnisse angehaeuft haben.

(1) Es ist Herbst, der Beginn der Erkaeltungszeit, ausserdem geht gerade die Schweinegrippepanik um, und ich beschliesse, dass das letzte, was das Lieschen und ich jetzt brauchen, eine Erkaeltung ist. Ich gehe also, was Begruessungskuesschen und -umarmungen angeht, etwas auf Abstand und bitte darum auch in der Moschee. Alles ist in Ordnung, bis mich eine entfernte Bekannte dort vor versammelter Mannschaft anraunzt, das sei jetzt aber "unislamisch", sich zur Begruessung nicht kuessen zu lassen wollen. Ich bin so baff, dass mir keine Erwiderung einfaellt.

(2) Wir verlassen die Moschee, gleich hinter uns kommen zwei Musliminnen, die eben auch gebetet haben. Ploetzlich meint die eine, jemanden rufen gehoert zu haben. Sie laeuft zurueck zum Eingang der Moschee, sieht niemanden und ruft: "Hallo?", worauf ihre Freundin sie darauf hinweist, dass "hallo" sagen unislamisch waere ... achso! - (Das Maedchen ruft daraufhin allen Ernstes ein "hallo? salam alaikum?" in die Eingangshalle.)

(3) Wir stehen in der Moschee, schon in Reihen, gleich soll das Gemeinschaftsgebet beginnen. Eines der Maedchen vor uns dreht sich um und schreit uns fast entgegen: "Die Fuesse! Die Fuesse!!" Weder das Maedchen neben mir noch ich verstehen, was sie von uns will. Sie schreit wieder: "Eure Fuesse! Die Fuesse muessen zusammen sein!" - Ja okay, Schwester, das haettest du auch in einem freundlicheren Ton sagen koennen! Das Ganze war umso peinlicher, als dass das Maedchen neben mir keine Muslima war, sondern aus Interesse am Islam vorbei gekommen war und sich mal ansehen wollte, wie es so in einer Moschee zugeht... Na toll!

Ich haette noch mehr Beispiele zu liefern, aber das hier soll schliesslich nicht zu lang werden und mit den drei Anekdoetchen sind meine ganz persoenlichen Favourites eigentlich auch schon abgedeckt.

Leute, was ist los mit euch? Ihr koennt ja kritisieren, aber ueberlegt euch doch bitte auch, wie ihr die Kritik rueberbringt! Bitte, denkt daran, dass solche Kommentare, die ja bestimmt erst einmal gut gemeint waren, letztendlich mehr Schlechtes als Gutes bewirken koennen. Ueberlegt euch, was ihr damit bei dem Anderen bewirkt. Ueberlegt euch, welches Bild der Muslime ihr uebermittelt: die, die ungeduldig sind, andere vorfuehren und die Fehler anderer herausstellen oder: die, die grosszuegig sind, gutmuetig und versuchen, andere nicht bloss zu stellen? Ausserdem hilft es, ueber Sachen zu sprechen, derer man sich sicher ist. Eine Verhaltensweise als "unislamisch" zu brandmarken, ist schon ziemlich starker Tobak. Bist du dir sicher, dass du weisst, von was du sprichst? Wie waere es, statt mal eben so ueber "Unislamisches" zu entscheiden, sich daran zu erinnern, was es heisst, sich "islamisch" zu verhalten, sich zum Beispiel darauf zu besinnen, wie sich der Prophet (sallallahu alaihi wa salam) in aehnlichen Situationen verhielt?

Der muslimische Comedian Baba Ali bringt in einem seiner Videoclips die Sache auf den Punkt (und erzaehlt dabei einen meiner Lieblingshadithe nach, dafuer aufpassen ab 3:16!):

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ja, das sind wirklich krasse Erlebnisse, die Du da hattest. Aber ist es nicht fast schon wieder so, dass man solche Erlebnisse überall haben kann? In der Moschee treffen sich sicherlich sehr viele verschiedene Arten von Menschen. Und es liegt doch auf der Hand, dass jeder irgendwie seine eigenen Macken hat. Wenn alle so vernünftig und besonnen wären, immer alles richtig machen würden und absolut "islamisch" handeln würde, dann wäre es gar nicht mehr nötig, irgendwelchen Regeln zu haben. Relgen sind dazu da gebrochen zu werden :-D

Außerdem ist nicht jeder Mensch, und bestimmt auch nicht jeder Muslim, in der Lage selbstkritisch zu sein, die Regeln auf das eigene Verhalten anzuwenden, die Balance zu halten zwischen "Regeln befolgen" und anderen zuzusprechen, Dinge anders zu sehen od. zu interpretieren. Wer weiß, vielleicht findet die Dame es legitim, dass sie Dich anbrüllt, Deine Füße gehörten zusammen, weil sie selbst es so gelernt hat? Mach ihr keinen Vorwurf. Das wäre doch auch wieder "unislamisch" ;-)
Aber sprich mit ihnen! Vielleicht fallen ihnen dann die Dinge auf, die sie anders machen sollten. Vielleicht können sie dann erkennen, dass es Regeln gibt, die eingehalten werden sollten, aber, dass man dafür nicht über Leichen gehen sollte - oder jemand anderes, der sich nichts böses dabei denkt, unnötig anschnauzen sollte, sondern, dass man sich besser einfach um seine eigenen Angelegenheiten kümmert. Denn ihre Füße waren ja wahrscheinlich dort, wo sie hingehören ;-)